Shakespeare Handbuch

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Ina Schabert (Hrsg.), Shakespeare Handbuch: Die Zeit - Der Mensch - Das Werk - Die Nachwelt, Stuttgart: Kröner.

Shakespeare Handbuch (1978)

  • xxii - "Im Prozeß des Sichtens konnte vieles aus den Büchern und Aufsätzen über Shakespeare schließlich unberücksichtigt gelassen werden - Aussage, die inzwischen von konsequenter durchdachten und präziseren abgelöst wurden oder die (überraschend of) Früheres wiederholen; Deutungen, die, wenn sie an Shakespeares Text erprobt wurden, allzu subjektiv und spekulativ erschienen; Informationen, die, gemessen an den dokumentarischen Belegen, sich als höchst unsichere Theorien erwiesen."
  • 2 - "In England vermochte sich humanistisches Gedankengut nur zögernd und wesentlich später als in anderen Ländern durchzusetzen. [...] Der Humanismus wirkte in England auf die einheimische Literatur nicht unmittelbar, sondern mit erheblicher Verzögerung."

Das Elisabethanische Weltbild

  • 18 - "Die Kosmologie gab Auskunft über das Wesen und den Aufbau des gesamten Weltall, die Stellung des Menschen innerhalb dieses Kosmos, den Zusammenhang der einzelnen Bereiche der [19] Schöpfung untereinander und die Beziehung des Kosmos zu Gott, seinem Schöpfer"
  • 19 - "Im Zentrum des Kosmos befand sich die Erde [...]" - Aufteilung in Reiche, Sphären, Einfluss der himmlischen Sphären auf die irdischen
  • 20 - Der Mensch "war also das höchste Lebewesen der irdischen Region und zugleich das niederste im Reich der reinen Geister, er stand zwischen Tier und Engel." - Mikrokosmos vs. Makrokosmos: "in Shakespeares Werk erscheint diese Vorstellung sowohl in umfassenden Andeutungen der menschlichen Situation wie auch - weit häufiger - in kleinen, bildhaften Anspielungen." - Schönheit des Menschen: "Hierin lag die Begründung fpr de Kult, mit dem die Künstler und Dichter der Renaissance die Schönheit des weiblichen und männlichen Körpers feierten."
  • 21 - "Der ursprünglich von Gott in idealer Harmonie eingerichtete Kosmos ist in ständiger Gefahr, sich wieder in das Chaos zurückzuverwandeln. [...] Der Mensch ist die Hauptursache der Gefährdung des Kosmos [...]." "Dieses Weltbild bestimmte die Geschichtsdeutung der elisabethanischen Zeit. Geschichte war letztlich die Auseinandersetzung zwischen metaphysischen Mächten [...]." s. Tudor Myth [22]
  • 22 - "Die Richtigkeit dieser Weltandeutung wurde bereits im 16.Jahrhundert vereinzelt in Zweifel gezogen." - Kopernikus und Galilei, v.a. aber Montaigne und Machiavelli
  • 23 - Neue Formen: Neuplatonismus, okkulte Spekulationen (Kabbala etc.) von einer neuen Geisteshaltung abgelöst, "die auf der strengen Trennung zwischen der metaphysischen Spekulation und der experimentellen Erforschung der physischen Wirklichkeit bestand", aber erst im 17. und 18. Jahrhundert durchgesetzt
  • 24 - "Shakespeare, der sich als erfolgreicher Dramatiker und Dichter in verschiedenen Zirkeln bewegte, [24] dürfte hier [in London] mit diesen geistigen Strömungen vertraut geworden sein. [...] Welcher Philosophie Shakespeare selbst anhing, kann aus seinen Werken nicht erschlossen werden."

Shakespeare Handbuch (2000)

Welt-, Menschen- und Selbstbilder

  • 16 - "Jenseits komplexer theologischer Diskussionen waren religiöse Vorstellungen Teil eines breiten Spektrums populärer Glaubenssysteme. [...] mit dem Ziel, menschliches Leid zu lindern oder zumindest erklären zu können."
  • 17 - Soziale Rolle der weißen Magie und ihrer Vertreter vs. Vorwurf der schwarze Magie, Hexerei, als "eine besonders perfide Form zeitgenössischer Misogynie" und scapegoating aus Volksmotivation, [18] "es gab keine Kampagne von oben"
  • 18 - Keine "Grenzlinie zwischen Magie und Wissenschaft". "In der Frühen Neuzeit konnten Dinge scheinbar problemlos zusammengedacht werden, di uns heute als unvereinbar erscheinen." Wiedergabe des geozentrischen Weltbilds mit Makro-/Mikrokosmos, Sphären, 4 Elemente vgl. Shakespeare Handbuch 1978.
  • 19 - "Die Astrologie war ein Wissenssystem von hohem intellektuellen Anspruch, das alle Bereiche frühneuzeitlicher Bildung durchdrang [...]." - "Auf dieses 'elisabethanische Weltbild' (Tillyard) nimmt Shakespeare immer wieder in einzelnen Ausdrücken, Anspielungen und Passagen Bezug, aber weniger in Ehrfurcht vor einem gültigen Gedankengebäude, an dem nicht zu rütteln war, als in nostalgischer Erinnerung an die Geborgenheit einer untergegangenen Welt [...]. Die Zeichen des Wandels waren überall deutlich zu lesen."
  • 20 - "[...] die Charakterologie der Säftelehre hilft, bestimmte Typen in den Dramen zu erkennen, deren Charakterisierung zu verstehen und unverständlich erscheinende Handlungen zu deuten. Die Frühe Neuzeit war vor allem vom Melancholiker fasziniert [...]; sie waren wie Hamlet unberechenbar, kaltherzig und launisch, aber auch scharfsinnig und wahrscheinlich genial."
  • 21 - Der Mensch als "Brücke zwischen Materie und Geist [...]. Beständig mit der Wahl zwischen gut und böse konfrontieret, hat er das Potential zum Engel wie zum Tier"; Neuplatonismus, Machiavelli
  • 22 - "Die Spannung zwischen Freiheit und Sinnverlust beschäftigt auch Shakespeares eindringlichste Figur des modernen Zweiflers, Hamlet."
  • 23 - "Hinter der Maske des Melancholikers [Hamlet] entsteht das moderne Subjekt." "Unter dem Einfluss der Philosophie Michel Foucaults ist Hamlets Affirmation einer das soziale Äußere verachtenden Innerlichkeit als die Geburtsstunde eine einschnürenden bürgerlichen Individualismus und essentiellen Humanismus gelesen worden, als ein Moment nicht der Befreiung, sondern der Isolation [...]. Die Thesen sind kontrovers; in jedem Fall lässt sich für die Epoche feststellen, dass zeitgenössische Selbstentwürfe divergent und unterschiedlich ausfallen, dass soziale und politische Identitäten in einem Prozess des 'self-fashioning' (S. Greenblatt) in zuvor undenkbarer Weise neu gestaltet und konstruiert werden [...]. In der Selbstwahrnehmung der Epoche löste der Humanismus des 16.Jh.s die starre Weltsicht, eindimensionale Rit-[24]terlichkeit und festgeschriebene ständische Sozialordnung des Mittelalters ab und setzte eine dynamische, auf Wissen, Verdienst und Intellekt gründende Welt an die Stelle." Vorstellung vom Mittelalter als Fiktion.

Gegenüberstellung des Inhalts

Wolfgang Weiß (1978) Bernard Klein (2000)
A Das Elisabethanische Zeitalter A England in der frühen Neuzeit
1. Der Begriff der Renaissance
2. Die politische Entwicklung im 16. Jahrhundert 1. Formen politischer Macht
3. Die Regierungsform unter Elisabeth 1a) Die Tudor-Dynastie und der Staat
4. Die elisabethanische Gesellschaft 1b) Elizabeth und ihr Hof
5. Die wirtschaftliche Entwicklung England unter den Tudors
6. Die philosophischen Strömungen im 16.Jahrhundert 2. Religion und nationale Identität
a) James und die Einheit Britanniens,
b) Die Kirche,
c) Die protestantische Nation
7. Das elisabethanische Weltbild 3. Welt-, Menschen- und Selbstbilder
a) Magie, Hexenverfolgung, Astrologie,
b) Der Ort des Menschen
4. Konstruktionen von Weiblichkeit
5. Das Eigene und das Fremde
8. Die elisabethanische Psychologie 6. Gesellschaftlicher und kultureller Wandel
9. Die Lehre von den Tugenden und Lastern 6a) Denkformen: Humanismus und Wissenschaft
10. Erziehung und Bildungsideal 6b) Lebensformen: Wirtschaft und Gesellschaft
11. Die Sprache der Shakespearezeit 7. Theater als sozialer Raum